„Rauf zur Mutter“ – Eine Pilgerin erzählt von der Novene am Erscheinungsberg

„Rauf zur Mutter“ – Eine Pilgerin erzählt von der Novene am Erscheinungsberg

03.07.2025

Es ist 3.30 Uhr und mein Wecker läutet. Heute schon das vierte Mal in Folge. Zu Beginn ein wenig verschlafen, aber schnell hellwach steige ich aus dem Bett. Wie die restlichen Tage warten meine Mitpilger am Gang unseres Klosters. Wir steigen ins Auto und es wird nicht viel gesprochen. Vielmehr ist jeder bei sich, in der Stille und der Erwartung. Auf das Gebet, die persönliche Erfahrung am Erscheinungsberg. Schon am Weg zum Erscheinungsberg sieht man zahlreiche Menschen – in größeren Gruppen, allein oder zu zweit. Die dunkle Nacht ist erfüllt von einer Stille und Ruhe. Der Parkplatz ist wie immer sehr gut gefüllt. Uns so werden Gehsteige und andere Nischen als Parkplatz genutzt. Die unzähligen Menschen haben alle nur ein Ziel: den Erscheinungsberg.

Es ist der 44. Jahrestag der Erscheinungen. Die Pilger sind mit der Seherin Marija Pavlović-Lunetti neun Tage in Folge, als Novene vor dem Jahrestag, täglich auf den Erscheinungsberg gegangen. Die Muttergottes bittet in vielen Botschaften um das Gebet. Selten lädt sie uns ein, an einen bestimmten Ort zu kommen, um gemeinsam zu beten. Diesmal schon. Und die Menschen kamen zahlreich. Es war wie ein strömender Fluss, der aufwärts fließt. Schnell und voller Menschen. Beeindruckend war die spürbare Sehnsucht der Menschen, schnell oben anzukommen, um ganz nah bei der Mutter zu sein. Rauf zur Mutter. So muss es auch gewesen sein, wenn wir in der Bibel lesen, dass Menschen zu Jesus geströmt sind, aus allen Richtungen, in jedem Alter und jeder Verfassung.

Der Aufstieg war erfüllt vom Rosenkranzgebet. Männer trugen Lautsprecher, damit jeder das gemeinsame Gebet und später die Seherin Marija hören konnten. Und so ging auch ich den steinigen Weg hinauf auf den Berg. Es sind unzählige Menschen, die einem beim gemeinsamen Aufstieg begegnen: jung, alt, gebrechlich und topfit. Sie alle tragen im Herzen den Ruf, der Gottesmutter zu folgen. In diesem Fall konkret auf den Erscheinungsberg zu kommen, um für den Frieden in den Herzen, in den Familien und in der ganzen Welt zu beten.

Das Gebet ist eine unsichtbare Kraft, deren Auswirkungen wir in unserem Leben erfahren dürfen. Es ist die Kraft und Macht des Gebetes, welche einen selbst, die Menschen um uns herum und so auch die ganze Welt verändert. Die Muttergottes lehrt uns, dass keiner machtlos ist. Oft betont sie in ihren Botschaften, dass jeder in ihrem Plan wichtig ist. Die Hoffnungslosigkeit hat bei ihr keinen Platz. Wir müssen nur zu Gott, zum Gebet, zu den Sakramenten zurückkehren und unser Leben wird sich ganz konkret verändern.

Oben angekommen, kann ich auch heute die Statue nur von weitem erkennen. Aber ich bin dankbar, einen guten Platz gefunden zu haben und die Statue überhaupt zu sehen. Um halb 5 beginnt der Rosenkranz. Die Sonne ist aufgegangen, als wir zum 5. Geheimnis kommen. Das 5. Geheimnis betet auch heute die Seherin Marija vor. Die meisten Menschen finden trotz der spitzen Steine einen Ort, um sich hinzuknien. Plötzlich, mitten im Gebet, verstummt ihre Stimme und eine Stille erfüllt den ganzen Berg. Zehntausende Menschen sind nun ganz still, man spürt diese verdichtete Atmosphäre und jeder bringt der Muttergottes ganz still und persönlich seine Gebete, Wünsche und seinen Dank dar. Obwohl man mit den Menschen um sich herum nicht redet, fühlt man sich doch verbunden. Wie ein unsichtbares Netz, das uns alle verbindet. Nach einiger Zeit hört man immer wieder vereinzelt Menschen, die laut weinen. Dämme, die wahrscheinlich auch in den Menschen aufbrechen und Heilung schenken. Der Segen der Mutter, die uns liebt und auch deswegen von uns wünscht, zu Gott und seinen Geboten zurückzukehren. Und so plötzlich wie die Stimme der Seherin verstummt ist, so plötzlich höre ich sie wieder. Menschen, die näher bei der Seherin Marija stehen konnten, beobachten, wie sich das Gespräch im Gesicht der Seherin widerspiegelt und wie sie zum Ende hin hinaufblickt. Den Menschen ist klar: jetzt entschwindet die Muttergottes im Zeichen des Kreuzes und Lichtes, wie es uns die Seherin berichtet.

Die Seherin betet im Anschluss an die Erscheinung das Geheimnis zu Ende und es werden noch einige Gebete gesprochen. Danach berichtet die Seherin Marija wie jeden Tag von ihrer Begegnung mit der Muttergottes. In diesen Tagen geht es immer um das Gebet für den Frieden – in unseren Herzen, Familien und der ganzen Welt. Denn nur Jesus kann diesen Frieden bringe: keine materiellen Güter, vergänglichen Ideologien oder weltliche Versprechen. An diesem 25. Juni 2025 gibt uns die Muttergottes am Berg noch folgende Botschaft: „Liebe Kinder, seid Friedensstifter. Satan ist stark und will Krieg und Unruhe, er will Hass, deshalb rufe ich euch auf, meine Kinder zu sein, Kinder meines Herzens.“

Am Ende werden zum Dank noch ein paar Lieder gesungen und die Muttergottes mit einem frischen, wunderschönen Blumenkranz geschmückt. Es sind gemeinsamen Gesten die zeigen, dass wir vielleicht in Sprache und Herkunft getrennt, aber alle gemeinsam Kinder der Muttergottes sind.

Am Weg zurück ins Tal wird der dritte Rosenkranz gebetet und die Pilger verstreuen sich wieder.

Viele fragen sich, warum die Muttergottes so lange den Sehern erscheint. Warum sie so viel Gebet, Fasten und auch 9 Tage lang den Aufstieg mitten in der Nacht auf den Erscheinungsberg wünscht. Wir sind verleitet zu sagen, das wäre doch nicht notwendig. Es reicht doch ein kurzes Stoßgebet am Tag. Denn wir sind bequem geworden, haben Ausreden oder Rechtfertigungen, warum wir nicht beten, zur Heiligen Messe gehen, beichten und fasten. Wollen wir das Leben – das Leben in Fülle, wie es in der Bibel steht – müssen wir wieder Kinder des Herzens Mariens werden.

Fangen wir heute damit an!

Eine Pilgerin aus Österreich

Gerne können Sie diesen Beitrag in folgenden sozialen Netzwerken teilen:

Send this to a friend